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Die schwere Nachkriegszeit ging auch an der Loge "Friedrich zur Vaterlandsliebe" nicht ohne Spuren vorüber. Die Arbeit war zwar wieder aufgenommen worden, aber von einem geregelten Logenleben konnte noch lange nicht die Rede sein. Die Brüder hatten kein eigenes Logenheim und kaum rituelle Gegenstände. Große Probleme bereiteten zudem organisatorische Fragen, die aus heutiger Sicht banal klingen mögen, etwa: wie man als auswärtiger Bruder zu den Logenabenden kommen konnte. Durch die Bombenangriffe war der Nahverkehr fast völlig zusammengebrochen, und manch älterer Bruder konnte keine weiten Strecken durch die Trümmerlandschaft laufen. Hinzu kamen die Sorgen über die Versorgung der eigenen Familie mit dem Nötigsten. Eine große Hilfe waren die Care-Pakete amerikanischer Brüder für die Logenbrüder in ganz Deutschland und somit auch für die Koblenzer - ein sichtbares Zeichen für die weltweite Bruderkette, die auch durch einen solchen Krieg nicht zerrissen war. Br. Dr. Michael Kleinmann oblag die schwere Aufgabe, diese Gaben zu verteilen. Er bevorzugte ältere und bedürftige Brüder, die nicht in der Lage waren, sich an dem sonst allgemein üblichen "Organisieren" zu beteiligen. Wie sehr diese Pakete nötig waren und welche große Freude sie bereiteten, zeigt ein Dankesschreiben von Br. Breidenbach und seiner Frau an Br. Kleinmann mit Datum vom 17.2.1947, das hier im Wortlaut wiedergegeben werden soll:

"Lieber Br. Kleinmann!

Ein Festtag war uns beschieden, als das Packet aus Amerika durch Ihre gütige Vermittlung heute bei uns eintraf. Das waren alles Sachen, die wir seit Jahren nicht mehr gesehen hatten.

Es ist heute Carneval, und trotz aller Not, Hunger und Kälte muß der Rheinländer an diesen Tagen froh und lustig sein. Da meiner Frau und mir unser hohes Alter diese fröhlichen Tage nicht mehr zuläßt, war dieses schöne Packet ein mehr als voller Ersatz!

Ein heißer Dank aus mehr als vollem Herzen klinge von uns herüber über den Ocean!

Ludwig Breidenbach und Frau."

"The Masonic Service Associacion of the United States" entsandte ein Spezialkomitee nach Deutschland, um über die Situation der Freimaurer dort zu berichten. Eine Studie, 1949 erstellt und 1950 herausgegeben, zeigt neben vielen anderen zerstörten Logenhäusern in Deutschland, z. B. in München, Nürnberg, Kassel, Hannover und Würzburg, auch das Koblenzer Logenhaus. Bemerkenswert ist der letzte Abschnitt jener Studie, welcher folgenden Wortlaut hat:

"Wir hoffen nur, daß in Zukunft keine österreichischen Maler mehr auf die Menschheit losgelassen werden und daß die geeinte Bruderkette der Welt nie mehr das Großwerden eines Diktators oder einer schrankenlosen Macht zuläßt. Nicht nur die Bruderschaft, sondern die ganze Welt sind dabei die Leidtragenden."

In diesem Sinne fanden auch Zusammenkünfte zwischen Koblenzer Brüdern und amerikanischen Freimaurern statt, die auf dem Flughafen Hahn stationiert waren.

Es stellte sich bald die Frage, welcher Großloge man sich anschließen sollte. Zunächst ging die Tendenz der Koblenzer Bauhütte dahin, wieder mit der alten Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" zusammenzuarbeiten, was in einem Beschluß vom 14.5.1949 dokumentiert ist, der aber bald darauf zurückgezogen wurde. Man bedauerte die Spaltung zwischen dem Bundesdirektorium und den Weltkugellogen des Westens, zu der es in den vorangegangenen Monaten gekommen war. Im Interesse der Einheit der Logen in Deutschland beschloß man, sich der Vereinigten Großloge der Freimaurer von Deutschland (VGL) anzuschließen, die am 19.6.1949 in der Frankfurter Paulskirche von 151 Abordnungen der Freimaurerlogen gegründet wurde. Bemerkenswert ist, daß Br. Fritz Christian Meyer aus Rhens, der Meister vom Stuhl der Koblenzer Loge "Friedrich zur Vaterlandsliebe", zum Beisitzer in den Vorstand der VGL gewählt wurde.

Transportabler Tempel
Der transportable Tempel; entworfen und ausgeführt von Br. Alfred Hahn. Aufgestellt im kursaal zu Bad Ems gelegentlich des 132. Stiftungsfestes der Loge am 13. November 1949

Am 8.9.1949 wurde der Koblenzer Loge vom französischen Militärgouverneur die endgültige Arbeitsgenehmigung zugesandt. Eingegliedert wurde sie in die Großloge "Einigkeit" in Baden-Baden, die die Logen der französischen Besatzungszone umfaßte und der VGL angehörte. Unterdessen bedauerten einige Brüder, insb. Br. Kleinmann, daß die Koblenzer Bauhütte nicht ihrer alten Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" treu geblieben war, die sich bemühte, alle ihr ehemals angehörenden Logen wieder an sich zu ziehen. Es entwickelte sich ein regelmäßiger Briefwechsel zwischen Br. Kleinmann und dem zweitzug. National Großmeister der Großen National Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln", Br. Paul Köhler, bei dem die enge Verbundenheit von Br. Kleinmann mit seiner ehemaligen Mutterloge deutlich wird. Über die Frage der Zugehörigkeit zu der VGL oder der Großen National Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" wurde anfangs heftig diskutiert. Der Tod des Br. Kleinmann am 16.8.1952 ließ diese Diskussionen schließlich verebben.

Im Sommer 1951 wurde die o.g. Großloge "Einigkeit", auf Veranlassung der französischen Behörden gegründet, aufgelöst. Um die Zahl der Landeslogen möglichst gering zu halten, ging sie in den Landeslogen Hessen, Rheinland und Württemberg-Baden auf. Das Vermögen wurde an die Mitgliedslogen verteilt - auf die Koblenzer entfiel eine Summe von 255,35 DM.

Trotz aller Schwierigkeiten gab es auch Erfreuliches zu erleben. Am 26.10.1952 hatte die Loge "Friedrich zur Vaterlandsliebe" Grund zum Feiern: ihr 135. Stiftungsfest im Kursaal von Bad Ems. Der Tempel war auf Veranlassung von Br. Valentin und unter Mithilfe von Br. Hahn sehr schön hergerichtet. Um 11.15 Uhr wurde die Feier von dem Hammerführenden Meister, Br. Meyer, eröffnet, der in seiner Meisteransprache auf die historische Vergangenheit der Loge hinwies und auf die Notwendigkeit, unter dem Druck der wiedererstandenen Gegnerschaft gegen die Freimaurerei stärker als bisher zusammenzustehen und sich aktiver zu betätigen. Die Festzeichnung hielt Br. Heinrich Limburg in Fortsetzung der schon früher gehaltenen Festzeichnungen. Sie ging der Frage "Sind wir alle Maurer?" nach. Er stellte die Frage in den Raum, wie man sich mit den maurerischen Pflichten auseinandersetzen solle. Dabei wurde besonders darauf hingewiesen, daß die Beschäftigung mit dem Ritual einen ungemeinen Reichtum für den eröffne, der sich richtig darin zu vertiefen wisse. Die Zeichnung fand großen Beifall. Die Feier wurde umrahmt von den musikalischen Darbietungen des Br. König und den Gesängen des Br. Motz, die unbekannte Mozart-Kompositionen zum Vortrag brachten.

Im Mittelpunkt des Logenlebens in Koblenz stand in der Folgezeit die Frage nach einer adäquaten Unterkunft. Im Jahresbericht des Maurerjahres 1951/52 heißt es dazu:

"Mit dem abgelaufenen Maurerjahr 1951/52 kann unsere Bauhütte recht zufrieden sein. Es bestehen allerdings gewisse Schwierigkeiten, die bisher noch keine Lösung gefunden haben. So die Unterkunftfrage, die sich aber gegen das Vorjahr wesentlich besser gestaltet hat. Die großen Feste finden nach wie vor im Kursaal zu Bad Ems statt, wo uns die Kurverwaltung weit entgegen kommt und ausgezeichnete Räume zur Verfügung stellt. Aufnahmen, Beförderungen finden im Tempel der Loge "Zur Wahrheit und Treue" in Neuwied statt, die uns dankenswerterweise und in jeder Hinsicht unterstützt. Für Beratungslogen, Unterrichts- und Clubabende, sowie für größere Vorträge haben wir recht gute Räume im Hotel "Hohenstaufen" zu Koblenz gefunden... Der Zusammenhalt der Brschaft sowohl in Koblenz als auch in Bad Ems war sehr gut, die Beteiligung an den Abenden im Rahmen des Möglichen befriedigend, wobei in Betracht gezogen werden muß, daß über die Hälfte der aktiven Mitglieder außerhalb von Koblenz wohnen und schwierige Verkehrsverhältnisse haben. Die Brschaft in Traben-Trarbach ist noch immer nicht zu einer aktiven Tätigkeit zu bewegen gewesen."

Um diese unglückliche Lage zu überwinden, standen zwei Möglichkeiten zur Disposition:

1. Aufbau eines neuen Hauses auf dem Grundstück Münzplatz 11.

2. Kauf eines neuen Logenheimes.

Voraussetzung für beide Möglichkeiten war, daß die Stadt Koblenz das beschlagnahmte Grundstück am Münzplatz zurückgab und eine angemessene Entschädigung zu zahlen bereit war. Zu diesem Zweck war bereits am 24.7.1945 Klage eingereicht worden, die den Vertrag vom 5.11.1934 für nichtig erklären sollte, in dessen Folge das Haus unter dem Druck der Nazis weit unter Wert verkauft worden war. Es kam zu einem Rechtstreit mit der Stadt Koblenz, bei dem in einem Teil-Versäumnis-Urteil vom 12.3.1952 das Grundstück an die Loge zurückgegeben wurde. Der Grund und Boden war nun wieder vorhanden, aber das Gebäude so sehr beschädigt, daß es nicht mehr aufgebaut werden konnte. Es wurde sogar als gefährlich eingestuft, was durch folgende Mitteilung in der "Rhein-Zeitung" unter der Rubrik "Stadtnotizen" am 23.5.1951 nachzulesen war: "Eingestürzt ist zu nächtlicher Stunde das Dachgebälk der früheren Freimaurerloge am Münzplatz."

An der fatalen Situation, kein eigenes Heim zu besitzen, hatte sich also nichts geändert, zumal auch die Entschädigungsleistung der Stadt Koblenz noch ausstand. Andererseits aber hatte sich 1951/52 die Möglichkeit ergeben, ein Grundstück mit einem bis zum 1. Stock ausgebauten Haus in der Bismarckstraße Nr. 28 zu erwerben, sogar zu einem "...sehr günstigen Preis...",das sogar ohne wesentliche bauliche Änderungen für eine Loge geeignet gewesen wäre. Nach einer genaueren Kalkulation nahm die Koblenzer Bauhütte jedoch Abstand von dem Erwerb des Objektes.

Ab 1953 wurden von der Firma "Tappiser und Werner" Räume angemietet, in denen aber ein konstruktives Arbeiten nicht möglich war. Erst durch die Veräußerung des Trümmergrundstückes Münzplatz 11, die eine Summe von 46.000 DM einbrachte, konnte man ein neues Objekt in Angriff nehmen. Ein Darlehen der Sparkasse Koblenz in Höhe von 35.000 DM ermöglichte den Kauf eines Hauses in der Mozartstraße Nr. 1, bei dem allerdings umfangreiche Umbauarbeiten nötig waren. So mußten z. B. die Räumlichkeiten den Bedürfnissen der Loge angepaßt, neue Rohre verlegt, Fassade und Dach erneuert und die Einrichtung im Ganzen modernisiert werden. Dies erforderte viel Zeit und Geld, aber man hatte endlich wieder ein Heim gefunden, das ein angemessenes und erfolgreiches Arbeiten möglich machte.